11. 11. 2022, 19 Uhr

Mahen-Theater

Brno Contemporary Orchestra

Dirigent: Pavel Šnajdr

Klavier: Miroslav Beinhauer

Sopran: Doubravka Součková

Das Konzert dauert 75 Minuten, einschließlich einer 20-minütigen Pause.

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Edisson Denissow: Die Sonne der Inkas

Leoš Janáček: Capriccio für Klavier linker Hand, Flöte (Pikkoloflöte), zwei Trompeten, drei Posaunen und Tenortuba, JW VII/12

Igor Strawinsky: Konzert für Klavier und Bläser 

Sofija Asgatovna Gubajdulina: Concordanza

 

Die Sonne der Inkas für Sopran und Kammerorchester nach Worten des Gedichts Tropische Sonne von Gabriela Mistral (1964) ist eine sechsteilige Kantate, die am Beginn der überaus erfolgreichen internationalen Karriere des sowjetischen Komponisten Edisson Wassiljewitsch Denissow (1929–1996) steht. Ein Jahr nach seiner Premiere im damaligen Leningrad im Jahr 1964 unter der Leitung von Gennadi Roschdestwenski wurde das Werk in Darmstadt, beim Warschauer Herbst und in Paris aufgeführt. Denissow komponierte in vorgegebenen Serien, die er jedoch nicht strikt auffasste, und so stößt denn in dem Werk in natürlicher Weise die Welt der strengen Rationalität auf die inhaltlich und emotional zugespitzte humanistische Botschaft, welche die Notwendigkeit der Rückkehr der Menschheit zur Natur und ihren Mythen ausdrückt, die uns vor dem drohenden Verderben in einer Zeit des sich aufschaukelnden kalten Krieges, aber auch des beginnenden Kriegs in Vietnam retten können. Es ist kein Zufall, dass Denissow für eine der ersten seriellen Kompositionen in der Sowjetunion das Gedicht Tropische Sonne aus der von 1938 stammenden Sammlung Tala wählte, für die ihre Autorin Gabriela Mistral als erste Lateinamerikanerin überhaupt mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde. 

Am Beginn der Entstehung des Capriccio für Klavier linker Hand, Flöte (Pikkoloflöte), zwei Trompeten, drei Posaunen und Tenortuba stand das Ersuchen des kriegsversehrten Pianisten Otakar Hollmann, für ihn ein Klavierstück zu schreiben. Leoš Janáček reagierte auf das Ansinnen, ein Klavierwerk für einen einarmigen Spieler zu komponieren, zunächst in der von ihm gewohnten schroffen Art: Kindisch – was wollen Sie denn mit einer Hand spielen? Wer nur ein Bein hat, kann schwerlich tanzen. Als er den Pianisten jedoch hatte spielen hören, teilte er ihm mit, er werde noch darüber nachdenken. Während Hollmann kaum an einen Erfolg glauben mochte, reifte in Janáčeks Kopf eine wahrhaft geniale Komposition. Im Herbst 1926 vollendete er sein Capriccio für Klavier linker Hand und Bläser und teilte Hollmann in einem Brief vom 11. November 1926 mit: Ich habe ein Capriccio geschrieben. Wissen Sie, für nur eine Hand zu schreiben, das war ein geradezu kindischer Einfall. Es brauchte andere Gründe und sachliche innere Ursachen. Als alle zusammenfanden, da kam das Werk zustande. Und so entstand denn eines der bemerkenswertesten Kammerwerke des 20. Jahrhunderts. Das Capriccio wurde von Hollmann am 2. März 1928 im Smetana-Saal des Prager Repräsentationshauses uraufgeführt.

Das Konzert für Klavier und Bläser von Igor Strawinsky (1882–1971) zählt zu den grundlegenden Klavierwerken des 20. Jahrhunderts. Im Jahr 1920 war Strawinsky aus der Schweiz nach Paris gezogen, das erfüllt war von den Ideen einer neoklassischen Bewegung, die gegen die emotionale Zerrüttung und Programmhaftigkeit der Romantik anschrie. Strawinsky hatte in Paris keinen Kontakt zum russischen Volkslied, das seine erste Werkperiode initiiert hatte, und dachte über eine neue Konzeption für sein Schaffen nach. Im Oktett für Bläser aus dem Jahr 1921 und am deutlichsten gerade im 1924 vollendeten Konzert für Klavier und Bläser kehrt er zu klassischem Musikmaterial aus den Zeiten Händels und Bachs zurück. Dieses formt er jedoch um zu einer ganz eigenen Sprache, die auf der meisterhaften Architektur einer reinen, klingenden Struktur aufbaut, welche wie aus einem einzigen Stück Material gemeißelt erscheint, ohne überflüssigen Schmuck und Zierrat. Bei der Premiere 1924 in Paris saß der Autor selbst am Klavier. Im Jahr 1950 überarbeitete Strawinsky teilweise die Instrumentierung des Stücks. 

Sofia Asgatowna Gubaidulina (* 1931), Komponistin russisch- tatarischer Herkunft, wurde am 24. Oktober 1931 in Tschistopol geboren. Ihre erste musikalische Ausbildung erhielt sie in Kasan, wo sie ihre Kindheit verbrachte, ihr Kompositionsstudium absolvierte sie anschließend am Moskauer Konservatorium bei Nikolai Peiko, Juri Schaporin und Wissarion Schebalin. Einen weit größeren Einfluss als das akademische Umfeld hatten auf sie das Selbststudium von Partituren und Aufnahmen der Neuen Musik, Kontakte zu westeuropäischen Musikern, zu den Moskauer Samisdat-Kreisen (in die ihr zweiter Ehemann Nikolai Bokow sie einführte ) und zu ähnlich „inoffiziell“ denkenden Künstlern aus dem damaligen sozialistischen Lager. Mit ihrer Musik machte Gubaidulina bald andere geistesverwandte Komponisten auf sich aufmerksam, auf der Konzertbühne erklangen ihre Werke dagegen aufgrund der repressiven sowjetischen Kulturpolitik jener Zeit nur ausnahmsweise. Zum Durchbruch verhalf ihr ein Konzert, welches der Dirigent Gennadi Roschdestwenski 1982 im Großen Saal des Moskauer Konservatoriums veranstaltete und bei dem Gubaidulinas Violinkonzert Offertorium mit großem Erfolg aufgeführt wurde. Später brachte es Sofia Gubaidulina auch zu internationaler Anerkennung, wozu ihr herausragende Interpreten verhalfen, die unermüdlich ihre Werke propagierten (so etwa Roschdestwenski, Rostropowitsch oder Kremer), aber auch ihre Emigration nach Deutschland im Jahr 1992. Sie ließ sich in einer kleinen Ortschaft unweit von Hamburg nieder, wo sie bis heute lebt. Concordanza ist eines ihrer ersten Werke, welches auf „binären Oppositionen“ basiert, womit in diesem Fall Harmonie (concordanza) und Disharmonie (discordanza) gemeint sind. Die Komposition wurde 1970 von Marek Kopelent, dem damaligen künstlerischen Leiter des Ensembles Musica Viva Pragensis, in Auftrag gegeben.

 

Viktor Pantůček, Jiří Zahrádka

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